Qualifikationsmatrix: Qualifikation und Kompetenzen von Aufsichtsräten transparenter denn je

Beitrag im Audit Committee Quarterly von Dr. Lukas Berger, Daniela Mattheus und Regine Siepmann

Qualifikationsmatrix: Beitrag in der Herbstausgabe des Audit Committee Quarterly von Dr. Lukas Berger, Daniela Mattheus und Regine Siepmann

Seit dem Jahr 2022 verpflichtet der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) deutsche börsennotierte Unternehmen zum Ausweis der individuellen Kompetenzen ihrer Aufsichtsräte in einer Qualifikationsmatrix. In einer aktuellen Analyse haben das European Center for Board Effectiveness ECBE und die Unternehmensberatung hkp/// group erstmals die Qualifikationsmatrizen der führenden börsennotierten Unternehmen in Deutschland analysiert.

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Mit insgesamt 38 (von 40) DAX-, 44 (von 50) MDAXund 56 (von 70) SDAX-Unternehmen kommen laut der Studie »Die Qualifikationsmatrix nach der Neufassung des DCGK« rund 90 Prozent der Unternehmen der DCGK-Empfehlung zur systematisierten Offenlegung von individuellen Aufsichtsratskompetenzen nach. Die wenigen Unternehmen in ausländischer Rechtsform, die nicht unter die DCGK-Vorgaben fallen, sehen von der Veröffentlichung ab. Die übrigen Kodex-Abweichungen werden unterschiedlich begründet. Die Gründe reichen vom Verweis auf die noch laufende Erstellung und die pauschale Feststellung, dass erforderliche Kompetenzen im Aufsichtsrat hinreichend berücksichtigt seien über eine Kommentierung als bürokratische Forderung mit unnötigem Mehraufwand bis hin zur Feststellung, dass Qualifikationsmatrizen keinen Mehrwert darstellen und unnötig einschränkten.

Darstellungsformate und Kategorien der Qualifikationsmatrix

Laut Studie sind die veröffentlichten Kategorien und Kompetenzen in den Qualifikationsmatrizen sehr heterogen. Dabei bestätigen die Aufsichtsratsmitglieder der meisten Unternehmen deutlich mehr als die Hälfte der genannten Kompetenzen – in einigen über 90 Prozent. Mehr als zwei Drittel der Aufsichtsräte verfügen demnach über Branchen- bzw. Geschäftsfeldkenntnisse sowie über Nachhaltigkeitsexpertise. Im Gegensatz dazu sind Digitalisierungs- und Strategiekompetenzen deutlich geringer ausgeprägt. Männliche Aufsichtsräte geben im Durchschnitt mehr Kompetenzen als weibliche an, wobei dieser Unterschied besonders signifikant beim Aufsichtsratsvorsitz und aufseiten der Anteilseigner ist. Generell geben Aufsichtsratsvorsitzende mehr Kompetenzen als einfache Mitglieder des Gremiums an, ebenso ältere im Vergleich zu jüngeren.

96 Prozent der Unternehmen setzen in der Darstellung der Qualifikationen ihrer Aufsichtsratsmitglieder auf eine eigenständige Matrix mit Spalte bzw. Zeile für jedes Mitglied. In Ausnahmefällen werden Matrizen nur für Vertreter der Anteilseigner vorgelegt. Alternative bzw. ergänzende Darstellungsformen sind Texte bzw. Lebensläufe sowie Darstellungen für das Gesamtgremium.

Neben der Darlegung der fachlichen Kompetenzen geben Unternehmen weitere Kategorien an, meist Informationen zur persönlichen Eignung, Zugehörigkeitsdauer, Diversität und demografische Daten. Die Wahl bzw. Zuordnung der Kategorien ist dabei sehr heterogen.

Anzahl und Ausprägung von Kompetenzen

Die Anzahl der fachlichen Kompetenzen in den Qualifikationsmatrizen variiert stark, wobei fünf Unternehmen sogar mehr als 20 Kompetenzen ausweisen, im Mittel sind es 11. Vereinzelt werden unterschiedlich viele Kompetenzen für die Anteilseigner- und Arbeitnehmerseite angegeben.

In den Darstellungen finden sich vielfach keine Angaben zur graduellen Ausprägung einer bestimmten Qualifikation. Einige Unternehmen präzisieren jedoch höhere Ausprägungen im Sinne von »fundiert« oder »sehr gut«. In Einzelfällen werden konkrete Bestandsund Zielwerte angegeben oder dazu im Fließtext zusätzliche Erläuterungen veröffentlicht.

Hinsichtlich der im Kompetenzprofil genannten Fachkompetenzen zählen über die DAX-Indizes hinweg Finanzen, Nachhaltigkeit sowie Branchenerfahrung zu den am häufigsten genannten. Allein die konkrete Benennung (z. B. Finanzen, Rechnungslegung und / oder Abschlussprüfung) und Aggregation (z. B. Nachhaltigkeit versus Trennung in E [Environment], S [Social] und G [Governance]) erfolgen hoch unterschiedlich. Andere Kompetenzen werden unterschiedlich häufig genannt, so wird Digitalisierungskompetenz vor allem bei DAX-Unternehmen häufig angegeben, bei SDAXUnternehmen sind es nur 70 Prozent. Auffällig ist, dass Strategiekompetenz nur von 41 Prozent aller Unternehmen im Kompetenzprofil genannt wird.

Einordnung

Die gemeinsame Analyse von hkp/// group und ECBE zeigt, wie Aufsichtsräte ihre fachliche Zusammensetzung bewerten und transparent machen. Die Offenlegung der individuellen Kompetenzprofile entlang der DCGK-Neufassung ist daher in zweierlei Hinsicht von praktischer Relevanz: So dienen Qualifikationsmatrizen für den Aufsichtsrat selbst als wichtige Orientierungshilfe in der Binnenarbeit und Zusammensetzung von Aufsichtsgremien. Zum anderen ermöglichen sie es Investoren, sich ein gesamthaftes Bild über das Zusammenspiel der Kompetenzen im Aufsichtsrat zu machen. Auch erhalten sie eine Indikation, inwieweit aktuelle Themen in den Fokus genommen werden.

Die deutliche Mehrheit der Unternehmen hat sich für eine transparente, nachvollziehbare Darstellung entschieden – wenn auch in differenzierter Ausprägung, was neben unterschiedlichen Informationsgehalten die Vergleichbarkeit erschwert. Entsprechend gemischt fällt das Feedback von Investoren aus. Sie fordern mehr Transparenz und Übersichtlichkeit; einige kritisieren die Dysfunktionalität der Matrizen, deren Mehrwert aufgrund der Selbsteinschätzung und angeführten hohen Kompetenzniveaus zu relativieren sei.

Es ist allerdings davon auszugehen, dass sich in der Folge Inhalt und Gestaltungsform der Qualifikationsmatrizen verbessern und angleichen sowie entsprechende Best Practices entwickeln werden. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass mehr Unternehmen auch die definierten Ziele des Kompetenzprofils veröffentlichen. Regulatorischer Präzisierungen bedarf es dafür nicht.